Montag, 29. September 2014

Rezension: Nie war es herrlicher zu leben: Das geheime Tagebuch des Herzogs von Croÿ 1718-1784 von Hans Pleschinski (Herausgeber und Übersetzer)



Heute stelle ich das Tagebuch des Herzogs Emmanuel von Croÿ "Nie war es herrlicher zu leben" vor. Das Buch hat 48 Kapitel auf 428 Seiten und 25 Abbildungen in schwarz-weiß.

Emmanuel von Croÿ war ein französischer Adeliger und auch Fürst des Heiligen Römischen Reiches. In seinem Tagebuch berichtet er von Ereignissen und Persönlichkeiten seiner Zeit. Der Herzog stellt sich zu Beginn seiner Aufzeichnungen selbst vor. Er erwähnt das er die Deutsche Sprache beherrschte, was ihn bei seinen vielen Aufenthalten im Heiligen Römischen Reich nützlich war. Krieg und auch die Kaiserwahl sowie die Kaiserkrönung von Karl VII. führten Emmanuel von Croÿ, unter anderem nach Frankfurt, wo er als Reichsfürst an den Zeremonien teilnahm. Die Beschreibung des alten Reiches und den Prunk und Pomp der Fürsten sind sehr interessant zu lesen.

Das Reisen nimmt auch viel Platz im Leben des Herzogs ein. Er ist viel unterwegs, meist in Frankreich, genauer gesagt in Paris und Versailles. Sehr unterhaltsam ist hier der Bericht über den französischen Königshof unter Ludwig XV., an dem auch Moritz von Sachsen, Marschall von Frankreich, und die Mätresse Madame de Pompadour weilten. Ohne diese berühmte Dame ging bei Hofe praktisch nichts - auch die Adeligen, die auf Ämter und Würden hofften, mussten bei ihr Klinken putzen. Emmanuel von Croÿ, der eine Militärkarriere und eine Standeserhöhung anstrebte, brauchte ebenfalls die Fürsprache der Pompadour beim König.

Die vielen Kriege der damaligen Zeit sorgten dafür, dass der Herzog oft an Fronteinsätzen teilnehmen musste uns sich tapfer schlug. Immer wieder ist er Gast am Hof zu Versailles, wo der Herzog von Croÿ auch an königlichen Jagden teilnahm. Eines Tages wird ein Attentat auf den König verübt, Emmanuel von Croÿ leitet die Untersuchungen dazu und hilft den Fall aufzuklären. Der Täter wird verurteilt und grausam hingerichtet, auch das gibt der Herzog in seinem Tagebuch wieder. Den Tod der Madame de Pompadour und den Aufstieg der Madame du Barry bekam der Herzog von Croÿ direkt mit.

Die Familie Croÿ wird ebenfalls oft in den Aufzeichnungen erwähnt. Da die Gattin des Herzogs früh gestorben ist, kümmerte sich dessen Mutter um die zwei Kinder. Der einzige Sohn, Anne-Emmanuel, begleitete seinen Vater häufig zum königlichen Hof und auch in den Krieg. Die Wahl einer Schwiegertochter beschäftige den Herzog sehr, nach einigen geplatzten Projekten, ehelicht der Sohn schließlich die deutsche Prinzessin zu Salm-Kyrburg, mit der er sieben Söhne bekam.

Viel Platz nimmt im Leben des Emmanuel von Croÿ die Schriftstellerei und des experimentieren ein. Er verfasste unzählige Denkschriften zu allen möglichen Themen, die er an wichtige Personen weitergab. Der Herzog war vielseitig interessiert und für neue Dinge, wie die Luftfahrt,
aufgeschlossen. Er traf auch viele berühmte Menschen, wie Jean-Jacques Rousseau, Benjamin Franklin und Voltaire, die im Tagebuch beschrieben werden.

Der neue Stern am französischen Königshof, die Braut des Dauphins - Erzherzogin Maria Antonia von Österreich - besser bekannt als Marie Antoinette, wird vom Herzog sehr bewundert und gelobt. Ihre Hochzeit mit dem späteren Ludwig XVI. von Frankreich ist auch ein Thema des Buchs. Das Intrigenspiel bei Hofe geht seinen gewohnten Gang, bis der alte König Ludwig XV. schwer erkrankt und dahinsiecht. Seinen langen Todeskampf bekam der Herzog hautnah mit und schrieb ihn nieder. Das neue Königspaar wird in Reims gekrönt, wobei Emmanuel von Croÿ natürlich dabei ist. Der neue Königshof unter Ludwig XVI. und Marie Antoinette wird begutachtet:

Ich begab mich an diesem Vormittag nach Versailles. Ich ging sofort zur Königin [Marie Antoinette] hinauf und gewahrte einen Haufen Menschen vor ihrem Schafgemach. Man ließ mich durch, und durch die eigens offen gelassene Tür konnte ich das Mittagsmahl im Inneren hervorragend beobachten. Nie war es herrlicher zu leben, Seite 330

Das Herrscherpaar versucht Einsparungen zu machen, was vom Herzog als kritisch angesehen wird. Das Glücksspiel der Königin verschlingt Unsummen, noch nimmt ihr das niemand krumm. Der Alltag zu Hofe wird durch Gäste unterbrochen, es kommen unter anderem der "Comte du Nord", der spätere Zar Paul I. von Russland, und seine Gattin zu Besuch, sowie der ältere Bruder Marie Antoinettes: Kaiser Josef II. Von ihm hat Emmanuel von Croÿ großen Respekt. Auch bei den Franzosen kommt der Kaiser gut an. Der Herzog mag auch Gärten und besichtigt das Trianon und den Parkberg - welche unter Marie Antoinette gänzlich umgebaut wurden.

Der Herzog von Croÿ steigt über die Jahre in der Hierarchie des Adels weiter nach oben: er wird Ritter des Ordens vom Heiligen Geist und schließlich kurz vor seinem Tod Marschall von Frankreich. In den letzten Jahren seines Lebens handeln die Eintragungen ins Tagebuch immer öfter von Krankheiten. Ein kleiner Lichtblick war zu dieser Zeit waren die Brüder Montgolfier mit ihren Heißluftballons, an deren Flügen Emmanuel von Croÿ regen Anteil nahm. Lange überlebte der Herzog das nicht, er erkrankte schwer und konnte nicht mehr selbst schreiben, die letzten Einträge in sein Tagebuch diktierte er.



Meine Meinung:
 
Das Tagebuch der Herzogs von Croÿ ist ein interessanter Einblick in die Zeit des französischen Königshauses und Adels kurz vor dem Ausbruch der Französischen Revolution.
Die Übersetzung ist gut gelungen, wie auch die Anmerkungen des Autors.
 Die Bilder gefallen mir auch sehr.
Emmanuel von Croÿ hatte ein spannendes Leben.
Ein bemerkenswertes Buch.
 


Erhältlich bei: C.H. Beck Verlag oder im Buchhandel



Buch-Information
Verlag: C.H. BECK (2011), Gebundene Ausgabe mit Umschlag, 428 Seiten
ISBN:  978-3406621703, Sprache: Deutsch, Format: 22 x 14,8 x 4 cm
Preis: 24.95 €

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen